In 4 Schritten zum Schreib-Ort

Ich habe ein neues Arbeitszimmer. Klingt nicht spektakulär, aber du kannst dir gar nicht vorstellen, was das für mich bedeutet: In den vergangenen Jahren habe ich zwischen einem Bad und zwei Kinderzimmern in einem Durchgangsraum gesessen und geschrieben, Podcasts und Videos aufgenommen, Meetings abgehalten und so weiter. Es versteht sich von selbst, dass das nicht einfach war, wenn du meine Veröffentlichungen verfolgt hast.

Nun habe ich also endlich einen Raum, dessen Tür ich nach Belieben schließen kann. Juchhu!

Vielleicht sehnst du dich auch danach. Vielleicht sitzt du an deinem Küchentisch, um zu schreiben, auf deinem Sofa oder Bett oder weichst in eine Bibliothek oder ein Café aus. All das kenne ich auch. Meine Texte sind im Laufe der Jahrzehnte an den verrücktesten Orten entstanden, unter anderem an einem Küchentresen auf Teneriffa – was nicht zu meinen schlechtesten Erinnerungen gehört. 😉

In meinem Schreibtipp-Video auf Instagram habe ich dir am Mittwoch bereits mitgegeben, dass der Ort nicht perfekt sein muss, um mit dem Schreiben zu beginnen. Ich will nicht sagen, dass es eine Ausrede ist, wenn dich deine Umgebung vom Schreiben abhält. Aber du kannst einiges tun, um sie so umzugestalten, dass du trotz widriger Umstände in den Schreibflow kommst. Heute gibt es ein paar vertiefende Anregungen für dich.

Schritt 1: Träume konkret

Wie sieht dein liebster Schreibort aus? Spinne einfach mal herum! Es können ganze wilde Orte sein, die aktuell undenkbar sind. Ich hätte beispielsweise gerne eine hypermoderne Schreibhütte am Ende eines langen Gartens, ein Kubus aus Holz und Glas, in dem nichts Platz hat außer mein Schreibtisch, ein Sessel und Bücherregale, versehen mit einem ultraschnellen Internetanschluss. Okay, ein Bad darf auch noch rein und eine Teeküche. Aktuell illusorisch. Aber ein toller Traum!

Wie sieht dein idealer Schreibort aus? Schreibe es auf, male es, schneide Fotos aus Katalogen aus, erstelle ein Collage oder eine Pinnwand auf Pinterest. Sieh dir dein Werk an: Das ist, wo du vielleicht mal hinwillst. Akzeptiere, dass dein idealer Ort aktuell nicht möglich ist. Vielleicht wächst du hin oder er verändert sich im Laufe der Zeit. Aber jetzt ist er raus aus deinem Kopf. (Falls du zu den glücklichen Menschen gehörst, die einen realistischen, umsetzbaren Traum haben: Nimm ihn mit in die nächste Übung.)

Schritt 2: Analysiere den Ist-Zustand

In der zweiten Übung analysierst du deine aktuelle Schreibsituation. Versuche, noch nicht zu bewerten. Schreibe erst mal vorurteilsfrei auf, wo und wie du aktuell schreibst, auch wenn dich vielleicht manches stört:

  • Wo schreibst du aktuell? Ist es immer der Küchentisch? Oder das Sofa? Weichst du mitunter auch an andere Orte aus?
  • Hast du alles, was du brauchst, griffbereit? Oder musst du alles zusammensuchen? Notebook, Block, Stifte, Notizzettel, Karteikarten, Literatur zur Recherche usw.
  • Kannst du die Tür schließen und beim Schreiben allein sein? Oder ist Gewusel um dich herum?
  • Herrscht Ordnung an deinem Schreibort? Liegt die ungefaltete Wäsche vor dir oder der dringend fällige Papierkram, weil auch der Rest der Familie den Schreibtisch nutzt? Lenkt dich die Unordnung ab? (Ist nicht bei allen Schreibenden so, kann aber der Fall sein.)
  • Wie ist der Raum ausgeleuchtet?
  • Ist die Temperatur angenehm?
  • Ist die Atmosphäre gemütlich und einladend? Fühlst du dich wohl und bist gerne dort?
  • Notiere, was dir sonst noch zu deinem Schreibort auffällt.

Schritt 3: Das Gute und das Schlechte benennen

Gehe deine Aufzeichnungen durch. Fische die Dinge heraus, die du negativ bewertest und fasse sie in einer Liste zusammen, zum Beispiel:

  • keine gute Lichtquelle, Augen ermüden schnell
  • Stuhl nach einer Weile unbequem
  • Mich stört, dass ich immer erst alles zusammensuchen muss.
  • Kleine Diebe klauen immer meine Stifte. 😉
  • usw.

Du verstehst, was ich meine. Jetzt hast du zusammengefasst, was du an deinem Schreibort als schön und problematisch empfindest. Er ist aber vermutlich momentan der einzige, den du hast. I feel you. Auch ich habe teils unter sehr schwierigen Bedingungen produziert und musste damals sogar meine kleine Tochter und mich von den Tantiemen über Wasser halten. Was ich dir sagen möchte: Lass dich nicht vom Schreiben abhalten, auch wenn der Ort nicht perfekt ist.

Schritt 4: Verändern, was veränderbar ist

Vielleicht konntest du bislang nicht konkret benennen, was dich stört. Jetzt hast du es schwarz auf weiß. Du hast eine Liste und kannst dir jeden einzelnen Punkt anschauen und dich fragen: Kann ich daran etwas ändern? Falls ja: Was könnte ich verbessern? Das kann eine Weile dauern. Über manche Dinge habe ich ewig nachgedacht. Manchmal kam eine Idee auch von außen, durch einen Coach oder aus der Familie. Außenstehende haben manchmal einen frischeren Blick auf eine schwierige Situation. Frag daher auch einfach mal eine Person deines Vertrauens, wenn du nicht weiterweißt.

Ein paar Beispiele, wie du schnell und kostengünstig eine Veränderung herbeiführen kannst:

  • Das Licht ist schlecht? Rücke die Möbel oder organisiere dir eine zusätzliche Lichtquelle, zum Beispiel eine Lampe aus einem anderen Raum.
  • Du musst immer alles zusammensuchen? Packe alles, was du brauchst, in eine Notebook-Tasche, einen Rucksack oder auf einen rollbaren Küchenwagen. Das ist dann dein Mini-Büro und für die anderen Familienmitglieder tabu. (Je nach Alter der Kinder ist das eine oder das andere empfehlenswerter. Ein Zweijähriger macht vor dem Küchenwagen meiner Erfahrung nach nicht Halt und mopst die Stifte. 😉 )
  • Du nutzt den Schreibtisch gemeinsam mit anderen? Vereinbart eine Grundordnung, an die sich alle halten müssen. Das ist nicht anmaßend, sondern hat was mit Respekt und Höflichkeit den anderen Familienangehörigen gegenüber zu tun. Kann jede:r lernen, auch in höherem Alter. Vielleicht kann auch jede:r eine Kiste/Schublade o.ä. für sein persönliches Zeug bekommen.
  • Es ist ungemütlich und/oder kalt? Schaffe eine freundlichere Atmosphäre durch Blumen, eine Kerze, die du zum Schreiben anzündest, deinen Lieblingsbecher mit Tee oder ein schönes Bild, auf das du deinen Blick richten kannst. Eine Kuscheldecke oder ein erwärmtes Kirschkernkissen können auch helfen. Lege dir vor Beginn deiner Schreibzeit alles zurecht. Warte nicht ab, bis dir ungemütlich wird, denn dann hast du schon eine Unterbrechung provoziert.
  • Wechsle deine Sitzgelegenheit, indem du zum Beispiel einen großen Gymnastikball anschaffst (gibt es oft im Angebot oder gebraucht für wenige Euro). Der eignet sich nicht nur für Sportübungen, sondern auch wunderbar als alternatives Sitzmöbel, ist rückenfreundlich und kann auch vom Rest der eventuell vorhandenen Familie benutzt werden.

Natürlich kann ich hier nicht für jeden Fall eine Lösung anbieten. Es sind Beispiele. Und manches müssen wir vielleicht einfach für den Moment akzeptieren. Dafür haben wir jetzt ja unser Traum-Bild, auf das wir sehnsuchtsvoll hinarbeiten können. Alles andere haben wir in einer Liste zusammengefasst, die wir Schritt für Schritt abarbeiten und uns ein immer positiveres Schreibumfeld schaffen können. Dabei wünsche ich dir ganz viel Freude.

To-do-Liste

Hier noch einmal deine Aufgaben zusammengefasst zum Abhaken:

  • Schritt 1: Träume konkret. Stelle dir deinen idealen Schreibort vor.
  • Schritt 2: Analysiere den Ist-Zustand. Schreibe alles, was dir zu deinem aktuellen Schreibort auffällt, auf – ohne Beurteilung.
  • Schritt 3: Das Gute und das Schlechte benennen. Erstelle eine Liste mit den Punkten, die du verändern kannst. Denke dabei auch an deinen idealen Traum-Schreibort: Was ist vielleicht in Ansätzen übertragbar?
  • Schritt 4: Verändern, was veränderbar ist. Arbeite die Liste ab und verändere Schritt für Schritt deine Schreibumgebung, bis sie deinen Ansprüchen genügt.

Falls du Fragen oder Anregungen hast, schreib mir gerne an kerstin@21ufos.de

Holl di munter

deine Kerstin

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