Diesen Beitrag gibt es auch als Podcast-Episode
Heute schlage ich dir ein kleines Experiment vor. Dieses Experiment soll deinen Hörsinn ansprechen und deinen Körper zum Schwingen bringen, so dass er deine Texte gerne plant, schreibt und überarbeitet. Es geht um
Schreiben mit Musik.
„Hä?“, fragst du jetzt vielleicht. „Mach ich doch eh schon!“
Das mag sein. Aber planst du auch, was du wann hörst, oder machst du einfach nach Lust und Laune irgendwas an? Denn darum soll es heute gehen: wie genau ausgewählte Musik dir beim Schreiben und Überarbeiten helfen kann. Ich möchte dir Tipps geben, wie du konzentrierter planst, emotionaler schreibst, tiefer eintauchst und zum Schluss effektiver überarbeitest – und das nur mithilfe des richtigen Sounds. (Behalte deine üblichen Routinen ansonsten bitte bei, damit du sicher sein kannst, dass ein Effekt auf die Musik zurückzuführen ist. Wenn du zu viele Fässer gleichzeitig aufmachst, weißt du am Ende nicht, was dir geholfen oder geschadet hat. Und das wäre doch schade!)
1. Musik zum Einstimmen
Um überhaupt in Schreiblaune zu kommen, suche ich normalerweise eine Musik aus, die mich in eine gute Stimmung versetzt. Wenn du weißt, dass die Dancefloor-Charts der Neunziger ein Gefühl in dir wecken, das rundum positiv ist – dann los. Klassische Klaviermusik löst alle negativen Gedanken in dir aus? Auch gut. Das ist ja etwas Individuelles, und daher schlage ich hier keine konkreten Interpreten vor. Da musst du schon in dich selbst hineinhorchen.
Bei mir ist es beispielsweise südamerikanische Musik, im Speziellen Reggaeton. Ich kann nicht genau erklären, warum das so ist. Der Rhythmus scheint optimal zu sein, um mich auf Betriebstemperatur zu bringen. (Das würde ich sowieso empfehlen, und falls du läufst, kennst du das Prinzip vielleicht schon: Der Rhythmus muss stimmen. Er sollte zu deinem Pulsschlag und Laufrhythmus passen. So ähnlich ist es beim Schreiben: Wenn du durch die Musik völlig neben der Spur bist, wird kaum etwas Vernünftiges herauskommen. Wenn mein Mann beispielsweise Punk hört, dann schlägt mein Herz immer schneller und ich muss irgendwann den Raum verlassen – oder ihn rausschmeißen. Das heißt nicht, dass ich die Musik (oder meinen Mann) ablehne oder doof finde, im Gegenteil halte ich gerade viele Texte für sehr gelungen. Aber ich kann den Rhythmus nicht vertragen. Die Musik macht mich nervös. Leider!)
Die Musik zum Einstimmen soll im Endeffekt deine gute Laune fördern, damit du motiviert an die Arbeit gehst – nicht mehr und nicht weniger. Also notiere dir jetzt ein paar Musikrichtungen, Songs oder Interpreten, von denen du weißt, dass sie sich positiv auf deine Stimmung auswirken. Setzte ruhig ein paar auf die Liste, die dir im ersten Moment abwegig erscheinen. Beobachte dich in den nächsten Tagen, wie du auf einzelne Titel reagierst – auch die, die du normalerweise nicht hörst. Vielleicht ist eine Perle dabei, die dir weiterhilft.
2. Musik zum Planen
Bist du eher ein entdeckender Autor, der während des Schreibens herausfindet, wohin die Reise geht? Oder überlegst du dir en détail, was wann mit wem passiert? Wenn du bereits weißt, dass Letzteres genau dein Ding ist, steht für dich zuerst die Planungsphase an.
Ja, ich gestehe: Auch ich gehöre dazu. Nach einer Phase des Durchdenkens, in der ich alles Mögliche zusammentrage und in Notizbücher schreibe, setze ich mich hin und schaffe ein Gerüst. Ohne dieses Gerüst könnte ich nicht effektiv arbeiten, weil ich mich im Text verlieren würde. Während ich beim Schreiben selbst die Zügel schießen lasse, versuche ich, hier sehr fokussiert vorzugehen. Ich möchte so viel wie möglich vorab bedenken, um während des eigentlichen Schreibens nicht ins Schlingern zu geraten. (Natürlich darf das nicht ausufern, denn dann würde es ewig dauern und der Text nie fertig werden. Außerdem muss auch noch etwas Offenheit für Planänderungen sein.)
Da ich in dieser Phase möglichst konzentriert arbeiten möchte, suche ich mir Musik heraus, die die Konzentration fördert. Dies kann zum Beispiel ruhige klassische Musik sein. Du lernst gerade für Schule, Studium oder Weiterbildung? Dann hast du vielleicht schon etwas herumgetestet und kennst förderliche Musik. Es gibt auch spezielle Kompilationen, die genau darauf abzielen, und ich habe gute Erfahrungen damit gemacht. Vielleicht stehst du auf gefühlvolle Lovesongs. Das ist okay, solange deine Emotionen dir kein Schnippchen schlagen: Du sollst ja arbeiten und nicht heulen. 😉
Nun bist du dran: Welche Musik lässt dich runterkommen? Welche Songs bringen gleichzeitig dein Hirn auf Trab? Ab damit auf die Liste!
3. Musik zum Schreiben
Der kreative Akt des Schreibens ist anstrengend. Ich sitze nicht nur stundenlang da und tippe stumpf auf der Tastatur herum, sondern gehe geistig und körperlich mit. Gerade wenn es um die markanten Wendepunkte im Text geht, bin ich hinterher regelrecht erschöpft. Da kann ich nichts gebrauchen, das mich zusätzlich stresst oder Energien abzieht.
Ich höre gerne begleitend britische Singer-Songwriter und Bands, die mit Harmoniegesängen arbeiten. Die öffnen mir das Herz. Ich liebe sie einfach. Zuletzt hat mich ein oscarprämierter Soundtrack eines Films inspiriert, den ich grandios fand. Und wenn ich weiß, dass ein Kapitel vor mir liegt, in dem es emotional ans Eingemachte geht, dann kann ich nur epische Musik empfehlen. Diese begleitet zum Beispiel die Comichelden- und Science-Fiction-Blockbuster der letzten Jahre. Die Musik zieht mich mit und lässt mich in einen Flow geraten, in dem die Worte nur so aus mir heraussprudeln. Techno ist vielleicht auch geeignet, da dosiere ich persönlich aber sehr sparsam.
Fallen dir Songs und Musikrichtungen ein, die dich abheben und treiben lassen? Die deine Kreativität anregen, ohne dich vom Text wegzulocken? Dann gehören Sie auf deine Liste.
4. Musik zum Überarbeiten
Jetzt heißt es noch mal: volle Konzentration. Idealerweise ist eine Weile verstrichen, nachdem du deine Rohfassung fertiggestellt hast. So kannst du Abstand zum Text gewinnen, dich sammeln und mit anderem Blick nach Fehlern forschen.
Nun kommt es darauf an, in welchen Etappen du deinen Text überarbeitest. Ich lese ihn zum Beispiel erst einmal komplett, in einem Rutsch. Was mir dabei auffällt, markiere ich am Rand. Hier ist es mir im Grund wurscht, welche Musik im Hintergrund läuft. Meistens aber gar keine. Da lasse ich einfach den Text auf mich wirken. In der Stille fällt dann so manches auf, das sonst durchgerutscht wäre.
Geht es ins Detail, muss ich mich persönlich motivieren, weil Überarbeiten anstrengend ist. Ich mache mir schöne, entspannende Musik an, eventuell etwas, das die Konzentration fördert. Den ein oder anderen mögen Naturgeräusche unterstützen.
Und dann hilft nur eines: Augen zu und durch.
5. Deine Auswahl zusammenstellen
Jetzt hast du bestimmt eine lange Liste zusammenbekommen, oder? Im nächsten Schritt triffst du eine Auswahl und sorgst dafür, dass die von dir ausgewählten Songs verfügbar sind, bevor du dich das nächste Mal ans Schreiben setzt. Das ist nicht nur wichtig, weil du sonst wertvolle Schreibzeit mit Suchen verschwendest, sondern weil die ewige Prokrastination droht: Noch mal grad hier suchen, vielleicht ist das Stück was … Ach, das hört sich auch toll an! Und schwups ist die Zeit um, und das war’s mit deinem Vorsatz, produktiv zu arbeiten. Stell dir selbst kein Bein und hab die Sachen vor Schreib-Beginn griffbereit.
Während des Schreibens solltest du dich zwischendurch fragen: Tut mir die Musik noch gut? Oder brauche ich jetzt einen anderen Stil? Oder sogar Stille? Gerade dann, wenn deine Gedanken abschweifen, ist diese Innenschau angebracht. Ansonsten gilt: Probieren geht über studieren, und nur du wirst herausfinden, was dir guttut.
Ich wünsche dir fröhliches Testen und freue mich über einen Kommentar, wie es dir mit dem Experiment ergangen ist.
Holl di munter!
Deine Kerstin
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